Die Arbeit kurz gefasst

Tertiäre Aufgaben im Pkw

Abstrakt

Tertiäre Aufgaben im Pkw stehen anders als die primären und sekundären Aufgaben nicht direkt mit der Fahraufgabe in Verbindung. Sie dienen ausschließlich dem Zufriedenstellen von Komfort-, Unterhaltungs- oder Informationsbedürfnissen der Insassen. Oberstes Ziel bei der Gestaltung tertiärer Aufgaben ist eine geringe Ablenkung des Fahrers. Die vorliegende Arbeit weist nach, dass mit einer systemergonomischen Analyse bereits bei deren Entwicklung ohne aufwändige Versuche die Ablenkungswirkung zu prognostizieren und zu reduzieren ist. Neun tertiäre Aufgaben mit insgesamt 36 systemergonomisch unterschiedlichen Auslegungen werden dazu in einem Fahrzeug simuliert und in Realversuchen mit 26 Probanden untersucht. Dabei werden maximale Blickabwendungen von der Verkehrssituation von bis zu 16 Sekunden gemessen. Allgemein ist bei systemergonomisch schlechten Auslegungen eine signifikant größere Ablenkung festzustellen. Basierend auf den Erkenntnissen sind neun Regeln für die Gestaltung tertiärer Aufgaben formuliert, die auch bei Fragen der Software-Ergonomie angewendet werden können.

Zusammenfassung

Die Bedienung von Nebenaufgaben im Fahrzeug bedeutet unweigerlich eine Ablenkung des Fahrers. Nebenaufgaben, die nicht direkt mit der Fahraufgabe in Verbindung stehen und ausschließlich dem Zufriedenstellen von Komfort-, Unterhaltungs- oder Informationsbedürfnissen der Insassen dienen, werden als tertiäre Aufgaben bezeichnet.

Allgemeines Ziel bei der Gestaltung von tertiären Aufgaben ist die größtmögliche Reduktion der Ablenkungswirkung. Zur entsprechenden Beurteilung neuer Bedienkonzepte werden in der Regel Labor- oder Realversuche mit Prototypen durchgeführt. Um zukünftig diesen Aufwand reduzieren und das Ablenkungspotenzial bereits bei der Planung theoretisch beurteilen zu können, bieten sich die systemergonomischen Gestaltungsmaximen zur methodischen Aufgabenanalyse und Ablenkungsprognose an. Die systemergonomische Betrachtung ermöglicht eine Soll- und Ist-Darstellung von Aufgaben, bei denen die Informationsumsetzung in Mensch-Maschine-Systemen im Vordergrund steht. Die Soll-Darstellung beschreibt das Bedienkonzept aus Sicht der Aufgabe sowie des Anwenders und nimmt keine Rücksicht auf vorgesehene oder bestehende Konfigurationen. Die Ist-Darstellung gibt die geplante oder verwirklichte Systemauslegung wieder. Mit Hilfe eines Soll-/Ist-Vergleichs können damit Abweichungen vom systemergonomischen Optimum detektiert werden.

Die Untersuchung weist nach, dass auf diese Weise Rückschlüsse auf das Ablenkungspotential möglich sind und bereits frühzeitig durch geeignete technische Maßnahmen die Ablenkung vermindert werden kann.

Dafür werden neun tertiäre Aufgaben mit insgesamt 36 systemergonomisch guten und schlechten Ausprägungen in einem Fahrzeug simuliert. Bei den damit durchgeführten Realversuchen werden die subjektiven Beurteilungen sowie die Spurhaltung, das Bedien- und das Blickverhalten der Fahrer betrachtet.

Insgesamt werden Blickabwendungen von bis zu 16 Sekunden am Stück während der Betätigung tertiärer Aufgaben beobachtet. Generell zeigt sich, dass eine Abweichung vom systemergonomischen Soll eine verstärkte Ablenkung mit sich bringt und von den Anwendern als schwerer zu lösen bewertet wird. Dynamische Aufgaben, die für die Bedienung nur ein Zeitfenster von drei Sekunden erlauben, weisen eine große Ablenkungswirkung auf. Eine automatische Gestaltung von tertiären Aufgaben bringt nur Vorteile, wenn die manuelle Ausführung mit einer s ehr komplizierten Bedienung verbunden ist. Ansonsten ist ein Automat bei tertiären Aufgaben nur zur Verbesserung des Bedienkomforts einzusetzen. Eine Rückmeldung muss innerhalb von circa 100-200 Millisekunden erfolgen. Bei Verzögerungen über zwei Sekunden wird eine signifikant stärkere Ablenkung gemessen. Alle gefundenen Erkenntnisse resultieren in neun Gestaltungsregeln.

Im Ganzen erweisen sich die systemergonomischen Gestaltungsmaximen als sehr wirksame Methode, tertiäre Aufgaben zu analysieren sowie mögliche Ablenkungspotenziale bereits frühzeitig bei der Planung zu detektieren und damit zu vermeiden. Darüber hinaus sind die Ergebnisse grundsätzlich auch auf Probleme der Software-Ergonomie anwendbar, weil zwischen der Bedienung tertiärer Aufgaben und Rechnern im Allgemeinen große Ähnlichkeiten bestehen.

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